Kognitive Reserve als Modell

Der positive Einfluss von kognitiver Aktivität auf die Hirnleistung wird mit der "Kognitiven Reserve" 1, 2 in Verbindung gebracht. Das Konzept beruht auf der Beobachtung, dass es keinen klaren Zusammenhang zwischen dem Ausmass einer Hirnpathologie und der Ausprägung der klinisch feststellbaren Symptome zu geben scheint 2.

Personen mit einer hohen kognitiven Reserve scheinen den negativen Auswirkungen von altersbedingten oder pathologischen Veränderungen des Gehirns besser und länger Widerstand leisten zu können (e.g. 3, 4). Die kognitive Reserve wird u.a. definiert durch eine hohe Ausbildung, das Ausüben eines komplexen Berufes, sozialem Engagement oder regelmässiger kognitiver Stimulation in der Freizeit.

Mit dem BrainCoach-Programm können Sie Ihre Patienten also dabei unterstützen, ihre kognitive Reserve durch die Aufnahme von kognitiv stimulierenden Freizeitaktivitäten zu erhöhen.

Die zugrundeliegenden Mechanismen des Konzepts der kognitiven Reserve sind derzeit unklar und werden kontrovers diskutiert 8. Mögliche Erklärungen sind eine effizientere Verwendung bereits vorhandener neuronaler Verbindungen, die Anwendung von Kompensationsstrategien - also die Zuhilfenahme alternativer neuronaler Verbindungen - oder auch eine Kombination der beiden Vorgänge 2, 3.

Brain Reserve

Die Widerstandsfähigkeit des Gehirns beruht neben der kognitiven Reserve auch auf seinen strukturellen Eigenschaften, was als "Brain Reserve" bezeichnet wird. Ein grösseres Hirnvolumen oder komplexere neuronale Netzwerke werden im Falle von altersbedingten oder neuropathologischen Veränderungen des Gehirns als Vorteil angesehen – es ist also "mehr Gehirn vorhanden, das verloren gehen kann", bevor negative Auswirkungen auftreten 3.

Aufgrund der plastischen Fähigkeiten unseres Gehirns, ist auch die Brain Reserve potenziell veränderbar. Beispielsweise konnte gezeigt werden, dass kognitive Aktivität mit Veränderungen der grauen 9 und weissen 10 Substanz des Gehirns assoziiert ist.


  1. Stern Y. Cognitive reserve in ageing and Alzheimer’s disease. Lancet Neurol 2012;11(11):1006-12.

  2. Stern Y. What is cognitive reserve? Theory and research application of the reserve concept. J Int Neuropsychol Soc. 2002;8(3):448-60.

  3. Stern Y. An approach to studying the neural correlates of reserve. Brain Imaging and Behavior. 2017;11(2):410-416.

  4. Serra et al. Cognitive reserve and the risk for Alzheimer’s Disease: a longitudinal study. Neurobiol Aging. 2015;36(2):592-600.

  5. Stern Y. Cognitive reserve. Neuropsychologia 2009;47(10):2015-2028.

  6. Jack et al. Tracking pathophysiological processes in Alzheimer’s disease: an updated hypothetical model of dynamic biomarkers. Lancet Neurol. 2013;12(2):207-216.

  7. Vemuri et al. Cognitive reserve and Alzheimer’s disease biomarkers are independent determinants of cognition. Brain. 2011;134(Pt 5):1479-92.

  8. Vemuri et al. Effect of intellectual enrichment on AD biomarker trajectories: Longitudinal imaging study. Neurology. 2016;22:86(12):1128-35.

  9. Valenzuela et al. Lifespan mental activity predicts diminished rate of hippocampal atrophy. PLoS One 2008;3(7):1-6.

  10. Arfanakis et al. Cognitive activity, cognitive function, and brain diffusion characteristics in old age. Brain Imaging Behav 2016;10(2):455-63.

Kognitive Reserve nach Stern, 2009 5: In der Abbildung wird ersichtlich, dass eine Person mit einer hohen kognitiven Reserve zu einem späteren Zeitpunkt im Krankheitsprozess erste kognitive Veränderungen aufweisen wird, als eine Person mit einer tiefen kognitiven Reserve (siehe auch 6, 7). Die kognitive Reserve wird moduliert durch eine hohe Ausbildung, die Komplexität des Berufes und kognitiver Aktivität.